Verfasser ist Andrea Röthlisberger, Dive Travel Spezialist, Manta Reisen, Schweiz

Der Einstieg in das sogenannte Muck-Tauchen geschieht meistens zufällig und mutet am Anfang eher komisch an. Folgt man dem Tauchguide zum ersten Mal über schwarzen, leeren Schlammgrund, sind Gedanken wie „Was machen wir hier?“ oder „Hat der Guide das Riff verfehlt?“ durchaus angebracht. Schon nach den ersten paar Tauchminuten wird klar: Muck-Tauchgänge sind keine gewöhnlichen Abstiege durch schön bewachsene Korallenriffe wo sich Sehenswürdigkeiten wie Schildkröten, Haie oder grosse Fischschulen förmlich aufdrängen. Nein, die Schätze der Critter-Jagd offenbaren sich in den meisten Fällen nicht auf den ersten Blick. Dafür braucht es schon die Erfahrung der Guides und ihre Adleraugen um die süsse Schaf-Schnecke auf dem sonst langweiligen grünen Blatt oder die Augen des tief im Schlick eingegrabenen Zwergtintenfisch zu entdecken. Doch wo muss man den nun hin, wenn man dieses Schlamm-Tauchen ausprobieren möchte?

 

 

In den letzten paar Jahren ist ein regelrechter Hype um diese Art des Tauchens entstanden. Eines der bekanntesten Gebiete ist die Lembeh Strait im Norden Sulawesis in Indonesien, eine kleine Meeresstrasse zwischen der Insel Lembeh und der Stadt Bitung. Die Nachfrage ist dort mittlerweile so gross, dass sich die Tauchbasen zusammengeschlossen und eine Limitierung der Anzahl Taucher pro Tauchplatz beschlossen haben. Dies macht durchaus Sinn vor allem wenn man bedenkt, was Muck-Tauchen überhaupt bedeutet. Anstelle eines Korallenriffs besteht der Grund aus feinstem, schlammartigem Sediment. Dies erfordert sehr gute Tarierfähigkeiten, da man sich sonst bei der kleinsten Unachtsamkeit mitten in einer Staubwolke wiederfindet und der Blauring-Oktopus die Gunst der Stunde nutzt um sich aus dem Staub zu machen.

Auch auf den Philippinen gibt es mit Dauin und Anilao zwei bekannte Gebiete, welche bei Critter-Fans hoch oben auf der Wunschliste stehen. Die Diveguides in Dauin kennen ihre Riffe mittlerweile so gut, dass sie einschätzen können, wann die flammenden Sepien aus ihren Eihüllen schlüpfen oder wann die Fangschrecken-Krebse ihre roten Eier mit sich herum tragen. Anilao steht im Ruf, die erste sogenannte Muck-Destination gewesen zu sein. Besonders Liebhaber von Nacktschnecken fühlen sich da im Paradies, wurden doch bis anhin über 400 verschiedene Arten gezählt.

Jede einzelne Destination bietet einige endemische Arten. Der heilige Gral unter den Muck-Liebhabern befindet sich jedoch in indonesischem Gewässer und zwar in Ambon auf den Molukken. Jahrelang galt der psychedelische Anglerfisch als verschollen, bis er im Herbst letzten Jahres erstmals wieder gesichtet wurde. Seither ist die bis anhin eher unbekanntere Region auf dem Radar vieler Unterwasser-Fotografen. Zum Glück ist die Anzahl der

Unterkünfte sehr beschränkt und so hält sich der Run auf den speziellen Froggie in Grenzen. Auch wenn das Highlight mal nicht aufzufinden ist, sind die „Ersatz-Critter“ wie haarige Anglerfische und haarige Algengarnelen auch sehr attraktiv.

Für Taucher, welche sich nicht sicher sind, ob sie denn dieses Muck-Tauchen überhaupt mögen, bietet sich Alor als Destination an. Ausserhalb der Kalabahi gibt es reich bewachsene Korallenriffe mit vielen bunten Fahnenbarschen, knurrigen Clownfischs welche ihre Eier bewachen und an Voll- und Neumond Hammerhai-Schulen aber eben auch spannende Tauchgänge über schwarzem Vulkansand mit Rhinopias in allen Farben oder dem seltenen Halimeda-Geisterfetzenfisch.

Wem diese Art des Tauchens bereits so richtig den Ärmel reingenommen hat, für den bieten Tauchsafari-Boote in Papua-Neuguinea sogar spezifische Muck-Tauchkreuzfahrten an. Aber auch von Land aus bieten die Kimbe und die Milne-Bucht tolle Tauchgänge mit speziellen Makro-Raritäten.

Egal welche Destination man schlussendlich besucht: wer einmal auf den Geschmack des Muck-Tauchens gekommen ist, kommt von dieser Sucht so schnell nicht wieder los.